Anwendung Phasenmodel 

Ingenieur Paul van Ham
innovatiecooperatie.com, Wageningen/Niederlande

Van Ham: Die Phasen der Entwicklung, so wie du sie in deinem Buch “Spirituelle Entwicklung von Mensch und Organisation“ beschreibst, geben einem Erkenntnis. Seitdem bei mir der Groschen gefallen ist, sehe ich, dass auch andere Menschen einer Entwicklung folgen die bestimmte Gesetzmäßigkeiten kennt. Ich erkenne mich selbst als Mensch in dieser Entwicklung. Das gibt mir Trost und Vertrauen vorwärts zu gehen.

Ich merke auch, dass nicht jeder dies so erlebt. Meine Erkenntnis wird dann ‚eine persönliche Idee, die du glaubst, aber ich nicht'. Ich merke auch selten, dass Menschen neugierig sind und mich fragen mehr darüber zu erzählen.

Seit ich dich in einem Training das erste Mal dieses Schema aufzeichnen sah, erkenne ich die Phasen überall, jeden Tag. Manchmal in etwas persönlichem, oft in meiner Arbeit oder auch in der Welt um uns herum, im Fernsehen oder in der Zeitung. Wenn du mich ehrlich fragst, zweifele ich eigentlich nicht mehr daran.

Persönlich

Für mich ist die Erkenntnis, die ich dank dem Phasenmodell bekommen habe ein Trost bei all der Verwirrung, die ich persönlich in Phase 4 erlebe. Ich bin nicht verrückt, ich bin nicht krank, ich transformiere. Die Verwirrung, die dabei auftritt ist unangenehm und anstrengend, aber es ist auszuhalten durch die Erkenntnis, dass es auch andere erleben und durchmachen. Verwandeln, innerlich wachsen und verändern ist „nur“ ein nächster Schritt in der Entwicklung als Mensch und viele werden noch folgen. Ich sage dann:“ Es ist wie ein Spiel, du bist jetzt einfach im nächsten Level angekommen.”

In deinem Buch beschreibst du, dass viele Fragen und Probleme mit der Tatsache zu tun haben, dass Männer oft eine verkürzte Phase 2 haben und schnell zu Phase 3 übergehen. In Phase 4 bemerken sie, dass sie noch einmal zurück zu Phase 2 müssen. Frauen bleiben oft länger in Phase 2 und haben Mühe um zu Phase 3 zu kommen. Scheinbar wählt der Mensch bei seiner Geburt eine Gliederung, die zu einem Ungleichgewicht führt, das er später wieder beheben muss.

H. und S. Stone beschreiben es so: Jeder Mensch spezialisiert sich auf eine Anzahl Ego-Elemente (primäre Ichs) und verdrängt eine Anzahl anderer Ego-Elemente (verstoßene Ichs).

Die Theorie der Kern-Qualitäten (Ofman) lehrt etwas vergleichbares. Man spezialisiert sich in einer Eigenschaft und versteckt die Allergie. Damit fällt man in die eigene Grube (zu viel Kern-Qualität) und man muss die Herausforderung annehmen (lernen von der eigenen Allergie). Das erkennen und ergänzen der Befangenheiten ist die typische Aufgabe wovor man in Phase 4 steht, das Leben wird 'und-und'.

Reflektion auf das eigene tun und lassen ist der Antrieb. Oder, so wie Theo Compernolle es nennt: die endgültige Voraussetzung für Denker. Darum benutze ich den Reflektionsprozess, der in deinem Buch “Spirituelle Entwicklung von Mensch und Organisation” beschrieben wird sooft. In meinem privaten Leben als auch in meiner Arbeit.

Organisationen

Die Phasen aus dem Model erkenne ich auch in den Organisationen, in denen ich gearbeitet habe.

Das Landwirtschafts-Ministerium (Landbau, Natur und Nahrungsmittelqualität) in dem ich anfing, war zuerst eine Phase 2 Organisation mit einem deutlich kollektiven Ziel. Sie wechselte nach einiger Zeit zu einer mehr professionell ausgerichteten Organisation mit vielen Spezialisten (Phase 3). Anschließend kam das Ministerium in die Kritik wegen seiner einseitigen Landbauzielsetzung. Darum mussten die noch vergessenen politischen Absichten (Umwelt, Natur, Gesundheit) nachträglich integriert werden. Damit wurde der erste Schritt zu Phase 4 und halbwegs zu Phase 5 (Werte und Prinzipien) gesetzt.

Das Interessante ist, dass seit dieser Zeit auch viel in den Mitarbeitern persönlich passierte. Immer mehr von ihnen möchten – nach einer Zeit spezialisiert gewesen zu sein – 'etwas anderes'. Sie suchten innerhalb des Ministeriums eine andere Funktion, arbeiten bei einem kleineren Büro (am liebsten mit einer idealistischen Zielsetzung) oder beginnen eine eigene Unternehmung. Diese Veränderung läuft gemeinsam mit der Entstehung einer Kultur in der Organisation, in der viel Aufmerksamkeit auf die persönliche Entwicklung von Mitarbeitern gelegt wird.

Die nächste Organisation, in der ich arbeitete – ein Büro für Untersuchungen auf dem Gebiet von Landbau, Ernährung und Gesundheit – war anfangs eine Pioniersorganisation mit allen Charakterisierungen von Phase 2. Dort war, als ich kam, noch wenig spezialisiert. Jeder konnte noch für alles eingesetzt werden. Das Ideal steuerte und nicht die Menschen selbst. Es gab kaum eine Verfahrensweise für die Mitarbeiter oder die Finanzen. Die Gehälter waren annähernd gleich. Es hatte die Atmosphäre eines Familienunternehmens mit einem Familienrat an der Spitze. Es gab ein starkes Gefühl von Anteilnahme an der ganzen Welt.

Der gesunde Eigennutz hatte aber noch keinen Platz und blieb darum im Untergrund.

Nach einigen Jahre, während einer schweren Reorganisation mit großen personellen Veränderungen, wurde die Struktur sachlicher und eindeutiger und wurden Managementsysteme für die Finanzen und das Personal entwickelt und eingeführt. Phase 3 tratt ein.

Ich bin dann weggegangen und habe mein eigenes Büro gestartet: Paul van Ham Innovationskooperation. Ich wurde aktiv, wo inhaltliche Erneuerung und Zusammenarbeit zusammen kommen, vor allem in der Natur und dem Gesundheitswesen. Ich berate bei neuen Projekten, schreibe die notwendigen Anträge, treibe die finanziellen Mittel ein, organisiere effektive Versammlungen und knüpfe neue Kontakte.

Und dann passierte das Unerwartete: Kunden kamen mit einer Frage, die mich persönlich traf und band. Mit sieben biologischen Landwirten begann ich eine Arbeit an in meinem alten Fachgebiet, der Landbautechnik. Nach einem intensiven Entwicklungsprozess um zu einem neuen Mechanisierungskonzept zu kommen, entschied ich mich voll einzusteigen.
Ich fand zwei Geschäftspartner. Seitdem bauen wir einen sehr besonderen Traktor, der gleichzeitig der erste elektrisch angetriebene Traktor ist. Als Direktor von Multi Tool Trac BV bin ich andauernd mit den für Phase 4 typischen Veränderungen beschäftigt: Einseitigkeiten erkennen, analysieren, benennen und ergänzen. Sowohl in Menschen, in Prozessen als auch in Organisationen.

Alles was ich über die persönliche Führung gelernt habe, kann ich in diesem Projekt maximal einsetzen und benutzen.

Siehe auch meine Website: www.innovatiecooperatie.com und www.multitooltrac.com

 

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